Samstag, 25. März 2023

»Das Schloss« Entstehung

An dieser Stelle soll nun etwas über die Entstehung dieses Romanfragments gesagt werden. Beginnen wir mit den nahen Eindrücken Kafkas in seiner Heimatstadt. Da ist zunächst einmal der Ausblick des Autors aus dem Fenster seines Geburtshauses.


Von Kafkas Geburtshaus sieht man die nahe Teynkirche, als wäre sie fern, und den fernen Hradschin, als wäre er nah. Hoch ruht das Prager Schloss auf dem Felsen oberhalb der Moldau, aber die unteren Fenster des Palastes liegen knapp über den ansteigenden Dächern der Kleinseite. Ist diese alte Burg Kafkas Schloss oder dessen Inspiration oder gibt es anderen Quellen?


An seinem letzten Roman »Das Schloss« arbeitete Kafka von Ende Januar bis Ende August 1922. Begonnen wurde die Niederschrift in Spindelmühle im Riesengebirge, abgebrochen wurde sie im westböhmischen Planá nahe der deutschen Grenze, in einer Sommerwohnung, die seine Schwester Ottla angemietet hatte. In diesen Zeitraum fällt Kafkas endgültige Pensionierung in der Arbeiter-Unfallversicherung.


1922 war Kafka ein Schriftsteller, der nicht mehr schreiben konnte. Seine literarische Tätigkeit, immer in Schüben hervorbrechend, lag seit einiger Zeit brach. Schon ein Jahr zuvor hatte er im slowakischen Matliary während einer Kur monatelang ganz auf schriftstellerische Arbeit verzichtet. Aber die Abgeschiedenheit des Ortes, die klare Schneeluft, die in der Ferne dämmernden Schemen von Häusern, Brücken und Wald setzen in Spindlermühle seine literarische Einbildungskraft neu in Gang. Wenige Tage nach der Ankunft entwickelt Kafka die Skizze einer Begrüßungsszene in einem Wirtshaus, die dann in die Beschreibung der Ankunft des Helden im nächtlichen Dorf übergeht. Innerhalb von drei Wochen entstehen vermutlich die ersten 37 Manuskriptseiten des "Schloss"-Romans.


Nach dem fulminanten Beginn in Spindlermühle gelingt es Kafka noch bis zum Juli 1922, seine Produktivität auf höchstem Niveau zu halten. Sein Problem lag darin, dass er eigentlich nur an einem Stück schreiben konnte, wie es ihm erstmals in der Nacht vom 22. auf den 23. September 1912 glückte, als die Novelle »Das Urteil« entstand. Für ausgedehnte Romankonstruktionen bildete die Abhängigkeit von tranceartiger, auf das Äußerste gesteigerter Konzentration eine denkbar ungünstige Hypothek.


Im Fall des "Schloss"-Projekts begannen die Stockungen im Sommer 1922. Mitte September 1922 erklärt Kafka frustriert, er habe "die Schloss-Geschichte offenbar für immer liegen lassen müssen". Bis zu seinem Tod am 3. Juni 1924 wird er das Manuskript nicht mehr anrühren und nur seinem Freund Max Brod die Lektüre gestatten.


Der Abbruch des Romans geht wohl vor allem auf die psychische Instabilität Kafkas zurück, der im Herbst 1922 mehrfach Angstattacken erlitt. Das Manuskript, das gegen Ende ungewöhnlich lange Streichungen enthält, offenbart jedoch auch formale Probleme: Anscheinend hatte Kafka Schwierigkeiten, die zunehmende Zahl von Figuren und Erzählsträngen noch miteinander in Einklang zu bringen.


1926 veröffentlichte Brod eine erste Lesefassung des Schloss-Romans mit zahllosen Eingriffen und Glättungen. Sie sollten den Eindruck erwecken, als handelte es sich um ein annähernd fertiges Werk, dem lediglich der Schluss fehlte.


Als Malcolm Pasley 1982 für die Kritische Edition des Fischer-Verlags eine neue Ausgabe herstellte, ließ er sich von Kafkas Stichworten für die Textgliederung leiten, die er der Kapitelfolge als Überschriften zugrunde legte. Zwar blieb dieses Verfahren fragwürdig, aber immerhin trat durch Pasleys diplomatische Edition der Fragmentcharakter des Textes deutlicher hervor als bei Brod. Nicht, dass er nicht endet, kennzeichnet den Roman, sondern daß er gar nicht enden kann.



Anhang


In den Jahren 1911 und 1912 hatte Kafka während der Arbeit an der Novelle »Die Verschollenen« bereits erfahren, wie schnell er sich bei größeren epischen Projekten im Niemandsland seiner Assoziationen verlaufen konnte. Daraus zog er im Fall des »Prozess« wenige Jahre später eine klare Konsequenz, indem er sofort nach dem ersten das letzte Kapitel schrieb. Als der Roman 1915 abgebrochen wurde, war er ein paradoxes Fragment: ein Text, der Beginn und Schluss hatte, dem aber die letzten Brückenverbindungen im Inneren seiner Architektur fehlten.


InBei dem Roman »Das Schloss« schien Kafka nun die Situation des »Verschollenen« zu wiederholen. Abermals spann er sich in seine Geschichte ein, ohne dass er ihr Ende erreichte; nochmals arbeitete er sich wie in einem Stollen vorwärts, gelangte aber nicht zum letzten Durchbruch.


Stärker als die beiden ersten Fragmente ist »Das Schloss« auch seiner Idee nach ein Bruchstück. Der Roman bleibt von vornherein darauf angelegt, seinen Protagonisten ins Innere einer sozialen Ordnung zu führen, in der er sich wie in einem Labyrinth verirrt.



Roland Reuß' neue Edition im Rahmen der Frankfurter Kafka-Ausgabe zeigt diese Struktur auf mustergültige Weise. Der Text ist wie schon bei den vorausgehenden Ausgaben ganz aus der Handschrift ediert, das heißt, dass er das Manuskript mit seinen Streichungen und Korrekturen dokumentiert. Die sechs Schreibhefte, die das Romanfragment bilden, werden in ihrer materiellen Struktur so genau wie möglich wiedergegeben. Dazu gehört, dass neben der kritischen Erfassung des Textes, seiner Streichungen und Varianten auch die Manuskriptseiten im Faksimile erscheinen.


Auf diese Weise rückt, wie schon mehrfach an früheren Bänden der Ausgabe gerühmt, der Schreibprozess selbst ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Die unterschiedlichen Textschichten mit ihren Streichungen, Überschreibungen oder Korrekturen werden ohne Eingriffe des Herausgebers dargeboten. Durch ein schlüssiges Dokumentationssystem lässt sich die jeweilige Stufe der von Kafka vorgenommenen Textänderung über die graphische Wiedergabe gut erfassen. Da gleichzeitig die Möglichkeit besteht, einen Blick auf die faksimilierte Manuskriptseite zu werfen, kann man den Schriftduktus direkt zum Vergleich mit der gedruckten Dokumentation heranziehen. Komplizierter wird es nur dort, wo längere Passagen gestrichen und neu erarbeitet werden, wie das gerade im letzten Viertel des Romans häufiger der Fall ist. Ohne aufwendiges Zurückblättern sind hier übergreifende Eindrücke und Befunde nicht zu erlangen.


Bei dem Schloss-Projekt begannen die Stockungen im Sommer 1922. Mitte September 1922 erklärte Kafka frustriert, er habe "die Schloßgeschichte offenbar für immer liegen lassen müssen". Bis zu seinem Tod am 3. Juni 1924 wird er das Manuskript nicht mehr anrühren und nur seinem Freund Max Brod die Lektüre gestatten.


Der Abbruch des Romans geht wohl vor allem auf die psychische Instabilität Kafkas zurück, der im Herbst 1922 mehrfach Angstattacken erlitt. Das Manuskript, das gegen Ende ungewöhnlich lange Streichungen enthält, offenbart jedoch auch formale Probleme: Anscheinend hatte Kafka Schwierigkeiten, die zunehmende Zahl von Figuren und Erzählsträngen noch miteinander in Einklang zu bringen.


Kafkas Bewunderer und engster Freund in Prag, der Schriftsteller Max Brod (1884 bis 1968), war die treibende Kraft für die wenigen Buchveröffentlichungen zu Lebzeiten. Nach Kafkas Tod zögerte er nicht, unverzüglich mit der Herausgabe seiner Schriften zu beginnen; den Anfang machte 1925 der »Prozess«-Roman, mit dem der Weltruhm begründet wurde.


Zu Lebzeiten Kafkas erfuhr die Öffentlichkeit nichts vom Schloss-Roman. Max Brod gab das Werk jedoch schon 1926 aus dem Nachlass heraus (Kurt Wolff Verlag, München), wobei er zwei Episoden wegließ, die er für unfertig hielt. Die langen, gestrichenen Passagen, die für das Verständnis des Romans nicht unerheblich sind, erschienen dann erst in späteren Ausgaben (Schocken Verlag, Berlin 1935 und New York 1946; S.Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1951). Das Manuskript, das aus sechs Heften besteht, befindet sich heute in der Bodleian Library in Oxford.


Der Verlag erkannte bald, dass die Übersetzungen schlecht waren und wünschte sich 1940 einen "völlig anderen Ansatz". 1961 erhielt Malcolm Pasley Zugang zu allen Werken von Kafka mit Ausnahme von »Der Prozess« und legte sie in der Bodleian Library in Oxford ab. Pasley und ein Team von Wissenschaftlern (Gerhard Neumann, Jost Schillemeit und Jürgen Born) veröffentlichten die Werke 1982 im S. Fischer Verlag.


»Das Schloß« erschien in diesem Jahr als zweibändiges Set - der Roman im ersten Band und die Fragmente, Streichungen und Aufzeichnungen des Herausgebers im zweiten Band. Dieses Team stellte den vollständigen und unvollständigen deutschen Originaltext wieder her, einschließlich Kafkas einzigartiger Zeichensetzung, die als entscheidend für den Stil angesehen wird


Als Malcolm Pasley 1982 für die Kritische Edition des Fischer-Verlags eine neue Ausgabe herstellte, ließ er sich von Kafkas Stichworten für die Textgliederung leiten, die er der Kapitelfolge als Überschriften zugrunde legte. Zwar blieb dieses Verfahren fragwürdig, aber immerhin trat durch Pasleys diplomatische Edition der Fragmentcharakter des Textes deutlicher hervor als bei Brod.

Samstag, 24. September 2022

Auf Spurensuche nach Kafkas Schloss


Es ist ein großes Rätsel der Literaturgeschichte: Wo liegt nur, Kafkas Schloss? Nun gilt es, dem Geheimnis des Schlosses auf die Spur zu kommen, welches doch gar kein Schloss im eigentlichen  Sinne ist. Es geht dabei um die räumliche Verortung des geheimnisvollen Ortes, welcher gar kein richtiges Schloss im eigentlichen Sinne ist.

Das Schloss ist bei Kafka vor allem eine Frage der Vorstellung. Soll man sich das Schloss des Grafen Westwest, der den Landvermesser angeblich hat kommen lassen, vorstellen wie das düstere Schloss des Grafen Orlok in Murnaus »Symphonie des Grauens«? Oder gleicht es dem Prager Hradschin oder einem anderen Schloss im Böhmischen?

Kafka liefert in dem Text eine recht brauchbare Beschreibung des Schlosses, an der man sich bei der Spurensuche orientieren kann. „Es war weder eine alte Ritterburg, noch ein neuer Prunkbau, sondern eine ausgedehnte Anlage, die aus wenigen zweistöckigen, aber aus vielen eng aneinanderstehenden niedrigeren Bauten bestand; hätte man nicht gewußt, , daß es ein Schloß ist, hätte man es für ein Städtchen halten können.“

Wer hätte das vermutet? - Das Schloss erweist sich als eine recht seltsame Ansammlung von niedrigen Häusern und nicht etwa als zu erwartender Prunkbau. Es ist ein recht elendes Schloss, und das darunter liegende Dörfchen, das aus Dorfhäusern zusammengetragen ist. Zudem bietet das Schloss weder dem Tor zum oberen Dorf noch dem Tor zum unteren Dorf eine Schauseite. Die eigentliche Prunkseite ist dem Garten zugewandt, der von hohen Mauern umschlossen ist, nicht einsehbar.

Die Beschreibung des Schlosses ist jedoch merkwürdig, denn das Schloss entspricht K.s Erwartungen, aber sicherlich nicht denen des Lesers, der sich unter einem Schloss eher einen „Prunkbau“ oder die alte „Ritterburg“ vorstellt, als eine Anlage, die einem kleinen Städtchen ähnlich sieht. Diese Darstellung steht im Kontrast zu dem was man sich gemeinhin unter einem Schloss vorstellt.

K. scheint hier zum ersten und vielleicht zum letzten Mal kurze Erkenntnis zu gewinnen. „Nun sah er das Schloß deutlich umrissen in der klaren Luft.“ So deutlich wird er das Schloss im Laufe des Romans nie wieder erkennen.

Einiges spricht dafür, den Geburtsort von Kafkas Großvater für den Ort des Schlosses zu halten. Aufschlußreich ist hier ein Artikel des profunden Kafka-Kenners Klaus Wagenbach in der ZEIT.

Das Dorf Woßek besteht aus zwei Teilen. Der größere liegt in einer Senke, an einem Teich, der kleinere, einige hundert Meter entfernt, auf einer Anhöhe. Das gesamte Dorf ist klein: Heute wohnen dort etwa hundertfünfzig Menschen. Von Radomischl kommend, betritt man zuerst das Unterdorf, eine Zeile von wenigen Häusern links und rechts der Straße, die auf den Dorfanger mündet. Am Anger liegt – und lag schon immer – ein Gasthaus. Vom Anger ab teilt sich die Straße. An der Ecke steht eine kleine Kapelle, unter der nach halbrechts führenden Straße fließt der Teich ab. Diese Straße führt zu einem auf der Anhöhe liegenden Schloß. Die andere Straße, halblinks, läuft im Bogen durch freies Feld, ebenfalls auf die Anhöhe, in das um das Schloß gruppierte Oberdorf, und dann weiter nach Kbelnitz.

Kafka kannte mit Sicherheit Woßek, wahrscheinlich schon von Besuchen des Großvaters her, gewiß aber sah er es anläßlich des Begräbnisses, damals sechseinhalb Jahre alt, Schüler der Prager Deutschen Volksschule am Fleischmarkt. Als ältester Sohn der Familie war er nach jüdischer Sitte verpflichtet, am Begräbnis des Großvaters teilzunehmen. In den folgenden Jahren war er wohl noch einige Male in Woßek, als Gymnasiast während der Schulferien, die er öfters bei einer Tante in Strakonitz verbrachte. Danach besuchte Kafka Woßek sehr wahrscheinlich niemals wieder – die Gründe liegen auf der Hand: Es war der Ort des Vaters, der geographische Fixpunkt jener Berichte von den Leiden seiner Kindheit, die zu den Haupterziehungsmitteln des Vaters gehörten.

Zitiert aus: Klaus Wagenbach, »Wo liegt Kafkas Schloß?«, »DIE ZEIT«

Anhand dieser recht genauen Schilderung drängt sich der Eindruck auf, daß Klaus Wagenbach bei seiner Recherche auf den Spuren des Großvaters Kafkas Schloss tatsächlich gefunden hat.


Samstag, 11. Juni 2022

Franz Kafka-Haus in der Alchemistengasse

Goldenes Gässchen

Kommt man von der St.-Veits-Kathedrale her, geht man am Seitenschiff der Kathedrale entlang durch den Dritten Burghof, von dort an der St.-Georgs-Kirche vorbei in die Georgsgasse (Jirska ulice). Dort biegt man dann links in die Alchimistengasse ein.

Das Goldene Gässchen (tschechisch Zlatá ulička), auch Alchimistengasse oder Goldmachergasse genannt, ist ein Gässchen an der Innenmauer der Prager Burg und ein Touristenmagnet von Prag. Berühmtheit erlangte es vor allem, weil hier unter der Aufsicht Kaiser Rudolfs II. Alchimisten gewirkt haben sollen, um für ihn künstliches Gold und den Stein der Weisen zu erzeugen.

Das Goldene Gässchen befindet sich zwischen der nördlichen Burgmauer und dem Burggrafenpalast und ist durch zwei Türme begrenzt, den Weißen Turm im Westen und die Daliborka im Osten. Hinter den elf kleinen Häusern der Gasse befindet sich der Wehrgang. Die Häuschen stammen aus dem 16. Jahrhundert und wurden als Unterkünfte für die Burgwachen Kaiser Rudolfs II., die sogenannten roten Schützen, gebaut. Später zogen vor allem Goldschmiede in die Hütten ein, wovon die Gasse wahrscheinlich ihren Namen erhielt.

Im 19. Jahrhundert war das Goldene Gässchen sehr heruntergekommen, denn es siedelten sich vorwiegend ärmere Leute dort an. Zwischen 1916 und 1917 lebte hier der Schriftsteller Franz Kafka und arbeitete im Haus Nr. 22 an seinen Werken Er schrieb hier einige der kurzen Erzählungen, die 1920 in der Sammlung »Ein Landarzt« veröffentlicht wurden.

Kafka, der unter dem Lärm im Haus "Zum goldenen Hecht" litt, suchte im Sommer 1916 wieder einmal eine ruhige Stätte für sein Schreiben. Da traf es sich gut, dass auch seine jüngste Schwester Ottla, die sich von dem vereinnahmenden Elternhaus zu lösen suchte, auf der Suche nach einer Bleibe war. Gemeinsam machte man sich auf den Weg und wurde überraschend in einem kleinen Gässchen fündig, dass heute eine der großen Touristenattraktionen von Prag ist, aber damals vor allem von ärmeren Menschen bewohnt wurde. In einem Brief an Felice Bauer beschreibt er, wie es zu diesem Fund kam:

"Im Sommer ging ich mit Ottla Wohnung suchen, an die Möglichkeit wirklicher Ruhe glaubte ich nicht mehr, immerhin ging ich suchen. Wir sahen einiges auf der Kleinseite an, immerfort dachte ich, wenn doch in einem der alten Palais irgendwo in einem Bodenwinkel ein stilles Loch wäre, um sich dort endlich in Frieden auszustrecken. Nichts, wir fanden nichts eigentliches. Zum Spaß fragten wir in dem kleinen Gässchen nach. Ja, ein Häuschen wäre im November zu vermieten. Ottla, die auch, aber in ihrer Art, Ruhe sucht, verliebte sich in den Gedanken, das Haus zu mieten..."

Die Begehung der Alchimistengasse ist inzwischen zu den Hauptzeiten kostenpflichtig.

Samstag, 19. März 2022

»Das Schloss« Einleitung



»Das Schloss« ist ein im Jahr 1922 begonnener und Fragment gebliebener Roman von Franz Kafka, welcher 1926 posthum erschienen ist. Zu Lebzeiten Kafkas erfuhr die Öffentlichkeit nichts von dem Schloss-Roman, genauso wenig wie von dessen Autor. Kafkas Freund und Verleger Max Brod hat das unvollendete Werk im Jahr 1926 entgegen der Verfügung Kafkas aus dem Nachlass herausgegeben.

Das letzte, von Januar bis September 1922 entstandene Romanfragment greift das bereits vorher in dem Roman »Der Prozess« entworfene Thema der unendlichen, letztlich scheiternden Suche des Individuums nach Erkenntnis auf, dieses mal eingetaucht in die düstere Welt der Bürokratie. Kafkas Schwanengesang ist eine schillernde Parabel für den Kampf gegen und das Ausgeliefertsein an anonyme Mächte.

In seinem unvollendeten Romanfragment »Das Schloss« beschreibt Franz Kafka das Ringen eines auf Anweisung eines Grafen in einen düsteren Landstrich gekommenen Mannes mit einem bürokratischen Apparat, welcher alles kontrolliert und gleichzeitig außer Kontrolle zu geraten scheint. Kafka beschreibt den Konflikt eines Menschen gegen die eine undurchschaubare Bürokratie und die Machenschaften der Beamten.

Ort der Handlung ist ein nicht näher bestimmtes Schloss und das unterhalb liegende Dorf. Ein Landvermesser wird von einem Grafen beauftragt. Seine Versuche, den Auftrag auszuführen, sind jedoch zum Scheitern verurteilt, denn eine unsichtbare Macht scheint ihn davon abzuhalten, in dessen Schloss hinein zu gelangen.

Schauplatz ist ein Dorf, das zu Füßen eines Schlosses ohne nähere geografische Bestimmung liegt und von dort aus beherrscht wird. Im Mittelpunkt der nur sechs Tage umfassenden Handlung steht ein Fremder namens K. Er folgt einer angeblichen Einladung aus dem Schloss und ist von weither angereist, um als Landvermesser zu arbeiten, doch alle Versuche, mit der Schlossbehörde in Kontakt zu kommen, scheitern. Allmählich beginnt K., sich wie die anderen Dorfbewohner der undurchsichtigen Macht des Schlosses zu beugen.

Franz Kafkas Romanfragment, verfasst sieben Jahre nach dem »Prozess«, gilt einer kleinen geheimnisvollen und undurchschaubaren Welt voller Geheimnisse. Der späte Kafka erzählt darin eine in sieben Tagen stattfindende, recht absurde Geschichte eines vergeblichen Zutritts in ein seltsames Schloß, in.das keiner hineinkommt, umgeben von einem Dorf, welches kaum mehr als zwei Gasthäuser und zwei Gassen hat.

Der rätselhafte Schriftsteller Franz Kafka (E)

Franz Kafka

Der rätselhafte Schriftsteller Franz Kafka

Heute ist Franz Kafka der modernste Dichter der klassischen Zeit - ein moderner Klassiker.

Bei Kakfa begegneten sich ein Geist und eine Zeit und aus diesem Konflikt heraus sind seine Werke entstanden.

Als ewig Reisender auf der Suche nach sich selbst erfindet Kafka sich immer wieder neu. Nur das Schreiben zieht sich durch sein ganzes Leben. Er studiert das menschliche Verhalten und macht vor keinem moralischen Dilemma halt. Doch seine Erzählungen werden nicht immer geschätzt, er bleibt ein Außenseiter im literarischen Betrieb. Es ist die Zeit der ?


Der rätselhafte Schriftsteller Franz Kafka ist bis heute ein ewig rätselhafter Schriftsteller geblieben.

Samstag, 18. September 2021

Franz Kafka und die Verrätselung der Welt



Franz Kafka steht mit seinen Werken für eine geheimnisvolle Verrätselung der Welt, denn vieles in seinem Werk ist merkwürdiges Rätsel geblieben.

Aber wie kein Zweiter ist ein Schriftsteller durch seinen Beruf als Versicherungsangestellter in so direkter Weise mit dem Grundwiderspruch der modernen Gesellschaft, mit sozialer Not und Ausbeutung, mit den Arbeitern wie mit den Unternehmern, konfrontiert worden wie Kafka.

Karlsbrücke in Prag Seine Heimatstadt Prag kommt in seinen Werken literarisch nicht vor, das Prager Leben findet nicht statt, denn alles ist sorgfältig verfremdet.

Samstag, 21. August 2021

»Heimkehr« von Franz Kafka


Ich bin zurückgekehrt, ich habe den Flur durchschritten und blicke mich um. Es ist meines Vaters alter Hof. Die Pfütze in der Mitte. Altes, unbrauchbares Gerät, ineinander verfahren, verstellt den Weg zur Bodentreppe. Die Katze lauert auf dem Geländer. Ein zerrissenes Tuch, einmal im Spiel um eine Stange gewunden, hebt sich im Wind.

Ich bin angekommen. Wer wird mich empfangen? Wer wartet hinter der Tür der Küche? Rauch kommt aus dem Schornstein, der Kaffee zum Abendessen wird gekocht. Ist dir heimlich, fühlst du dich zu Hause? Ich weiß es nicht, ich bin sehr unsicher. Meines Vaters Haus ist es, aber kalt steht Stück neben Stück, als wäre jedes mit seinen eigenen Angelegenheiten beschäftigt, die ich teils vergessen habe, teils niemals kannte. Was kann ich ihnen nützen, was bin ich ihnen und sei ich auch des Vaters, des alten Landwirts Sohn. Und ich wage nicht an die Küchentür zu klopfen, nur von der Ferne horche ich, nur von der Ferne horche ich stehend, nicht so, dass ich als Horcher überrascht werden könnte. Und weil ich von der Ferne horche, erhorche ich nichts, nur einen leichten Uhrenschlag höre ich oder glaube ihn vielleicht nur zu hören, herüber aus den Kindertagen. Was sonst in der Küche geschieht, ist das Geheimnis der dort Sitzenden, das sie vor mir wahren. Je länger man vor der Tür zögert, desto fremder wird man. Wie wäre es, wenn jetzt jemand die Tür öffnete und mich etwas fragte. Wäre ich dann nicht selbst wie einer, der sein Geheimnis wahren will.

»Heimkehr« von Franz Kafka