Samstag, 20. Juni 2020

Franz Kafkas Jugend

Franz Kafka


Franz Kafka sehnte sich in allen Belangen nach Freiheit, doch ist sein Alltag einem strikten Reglement unterworfen, selbst als er nach unendlich langwierigen Berufsfindungswirren endlich Jura studiert und nach weiterem Zickzackkurs in der relativ sicheren Prager Anstalt für Arbeiterschutz und Unfallversicherung landet. Der Büroalltag ist nicht so wie heute, Urlaub ist rar und die Arbeit spitzfindig, fordernd und langweilig, die Hierarchie streng. Zwänge überall. Da muss Kafka raus in die Natur, wenn immer es geht, er wandert, stromert, schwimmt!

In der frühesten Kindheit vermisste er Nestwärme. Zwar wird er geliebt und gebraucht, denn der erstgeborene Sohn ist Lebenserfüllung für die rührigen Eheleute Herman und Julie Kafka, die sich mühsam in den Mittelstand arbeiten und dort festkrallen. Damit die Kinder es einmal besser haben, rackern sie sich ab und lassen deshalb Franz die beste Ausbildung zuteil werden, die sie ermöglichen können, freilich haben sie von Anfang an keine Zeit für ihn, weil beide Elternteile voll eingespannt sind im Aufbau und in der Erhaltung ihres Kurzwarengeschäfts. Da auch die Kindermädchen und Gouvernanten Franz Kafkas häufig wechseln, weil Herman Kafka keine gut genug bzw. sparsam genug ist, ist Kafkas früheste Kindheit eine Aneinanderreihung von traumatischen Verlusten und Ängsten, eine Hypothek, mit der er niemals ganz fertig wird.

Freiheit gab es nur in geistigen Sphären. Die Bücherwelt eröffnet ihm einen Zugang zu etwas Eigenem. Mit Musik kann er nicht so viel anfangen, mit ihr zu verschmelzen und innerlich auszusteigen, wie es seinem Freund Max möglich ist, bleibt ihm fremd.