An einem späten Winterabend gelangt
der Landvermesser K. in ein Dorf, das von einem mysteriösen Schloss und dessen
Beamten beherrscht wird. Das Dorf taucht unvermittelt aus dem Nebel auf. Es
wirkt verlassen, kein Mensch ist zu sehen. Die lange, fast gerade Hauptstraße
scheint endlos lang und verschwindet in der Ferne im Grau des späten
Nachmittags. Ein Landvermesser betritt eine Wirtschaft, welche nur durch ein
Schild kenntlich gemacht und ansonsten nicht von den anderen niedrigen
Bauernhäusern zu unterscheiden ist. Im Inneren der Gaststätte sitzen zu seiner Überraschung
viele Gestalten. Der Rauch nimmt ihm die Sicht und wie blind gleicht er eher
einem Betrunkenen, denn einem müden Wanderer.
"Es war spät abends, als K.
ankam. Das Dorf lag in tiefem Schnee. Vom Schloßberg war nichts zu sehen, Nebel
und Finsternis umgaben ihn, auch nicht der schwächste Lichtschein deutete das
große Schloß an. Lange stand K. auf der Holzbrücke, die von der Landstraße zum
Dorf führt, und blickte in die scheinbare Leere empor."
Welch ein mysteriöser Beginn. Wie ein
Fremder kommt der Landvermesser in das namenlose Dorf.
Vergeblich sucht er am nächsten
Morgen einen Weg, der zum Schloss führt. Die Dorfbewohner wollen nichts mit ihm
zu tun haben und weichen seinen Fragen aus.
Der Ort besteht aus zwei Gasthäusern,
dem Brückenwirt, in dem der Landvermesser in der ersten Nacht unterschlüpft,
und dem Herrenhof, in dem die Beamten, Diener und Knechte des Schlosses
absteigen und in dem zu nächtlicher Stunde Amtsgeschäfte oder eher wohl Verhöre
geführt werden; dazu kommen eine Schule und ein paar Innenräume.
Am Ende des nächsten Tages stellen
sich zwei Männer als seine Gehilfen vor: Artur und Jeremias, die ihm von nun an
auf Schritt und Tritt folgen und sogar über seinen Schlaf wachen. Kenntnisse in
Landvermessung haben sie nicht. Ein Bote namens Barnabas bringt K. einen Brief,
der von Kanzleivorstand Klamm stammen soll, und der K. in seinem Amt bestätigt.
Im Gasthaus »Herrenhof«, in dem
ausschließlich Schlossbeamte verkehren, begegnet K. der Geliebten Klamms, dem
Schankmädchen Frieda. Von seiner Gastwirtin erfährt K., dass Klamm
grundsätzlich für niemanden aus dem Dorf zu sprechen sei. Zwischen K. und
Frieda entwickelt sich eine Liebesbeziehung und Frieda trennt sich schließlich von
Klamm. Damit werden aber auch K.s Hoffnungen zunichte, Frieda könne ihm den Weg
zu den Schlossbehörden ebnen.
Der Dorfvorsteher, K.s direkter Vorgesetzter,
behauptet, dass ein Landvermesser nicht gebraucht werde und die Ausschreibung
ein Missverständnis gewesen sei. K. besteht aber auf einer Anstellung im Dorf
und darf schließlich als Schuldiener arbeiten. Er wird mit Frieda und den
Gehilfen behelfsmäßig in einem der beiden Klassenzimmer der Dorfschule
untergebracht.
Neben seinen Aufgaben als Schuldiener
sucht K. weiterhin beharrlich den Kontakt mit Klamm und wartet im Herrenhof
viele Stunden vergeblich auf ihn. Ein Verhör durch Klamms Dorfsekretär Momus
lehnt er ab und ignoriert dessen Warnungen ebenso wie die der Brückenwirtin.
Über den Boten Barnabas will K. eine Unterredung mit Klamm erzwingen. Die
lästigen und undurchsichtigen Gehilfen werden von K. in der Zwischenzeit entlassen.
Von Barnabas Schwester Olga erfährt K. zu seinem Entsetzen, dass Barnabas im
Schloss selbst nur ein Bittsteller sei und über keinerlei Rechte verfüge. Olga
vertraut K. das dunkle Familiengeheimnis an: Seit Olgas und Barnabas Schwester
Amalia vor drei Jahren einen Schlossbeamten, von dem sie sich gedemütigt
fühlte, abgewiesen hat, versucht die ganze Familie, im Schloss den Fehler
wieder gutzumachen. Da der Fall dort aber nicht aktenkundig sei, könne man
nichts für die ehemals angesehene Familie tun, die vom Dorf inzwischen mit
Verachtung gestraft wird.
Als K. von Olga kommt, teilt sein
früherer Gehilfe Jeremias ihm mit, dass Frieda den K. verlassen habe und jetzt
mit ihm im Herrenhof wohne und arbeite. Da erscheint Barnabas mit der
Botschaft, dass Klamms Sekretär Erlanger ihn im Herrenhof erwarte. K. eilt in
das Gasthaus und während er nächtens darauf wartet, dass der schlafende
Erlanger aufwacht, kommt es zu einer Aussprache zwischen ihm und Frieda. Frieda
entscheidet sich für Jeremias, der ihr aus Kindertagen vertraut ist.
Auf der Suche nach Erlanger betritt
K. versehentlich das Schlafzimmer des Sekretärs Bürgel. Dieser erklärt ihm,
warum es für einen Hilfesuchenden günstig sei, einem scheinbar nicht zuständigen
Sekretär und insbesondere in der Nacht sein Anliegen anzuvertrauen. K. schläft
während Bürgels Ausführungen ein und wacht erst auf, als Erlanger am frühen
Morgen nach ihm ruft.
Nach einer kurzen Unterredung, in der
es um Frieda und Klamm geht, verlässt Erlanger den Herrenhof. K. bleibt zurück
und schläft bis zum Abend im Schankraum. Beim Aufwachen trifft er das
Zimmermädchen Pepi an, das Frieda vorübergehend im Ausschank vertreten hat.
Pepi versucht, Frieda zu verleumden, doch K. widerspricht. Vor der Tür wartet
der Fuhrmann Gerstäcker auf K.
Sein Bemühen ist darauf ausgerichtet,
den Weg zum Schloss zu finden. Im zweiten Gasthaus des
Dorfes, dem Herrenhof, wo die Angestellten des Schlosses immer wieder ihren
Aufgaben nachgehen und übernachten, versucht K. weiterhin hartnäckig, aber mit
wachsender Verzweiflung, sein Ziel bei der Schlossbehörde zu erreichen und
endlich ins Schloss vorgelassen zu werden, um seine Tätigkeit als Landvermesser
aufnehmen zu können.
"Zum ersten
Mal seit seinem Kommen fühlte er wirkliche Müdigkeit. Der weite Weg hierher
schien ihn ursprünglich gar nicht angegriffen zu haben – wie war er durch die
Tage gewandert, ruhig Schritt für Schritt! – jetzt aber zeigten sich die Folgen
der übergroßen Anstrengung, zur Unzeit freilich. Es war ein langer Weg. Die
Straße nämlich, diese Hauptstraße des Dorfes führte nicht zum Schloßberg, sie
führte nur nahe heran, dann aber wie absichtlich bog sie ab und wenn sie sich
auch vom Schloß nicht entfernte, so kam sie ihm doch auch nicht näher. Immer erwartete
K., daß nun endlich die Straße zum Schloß einlenken müsse, und nur weil er es
erwartete ging er weiter; offenbar infolge seiner Müdigkeit zögerte er die
Straße zu verlassen, auch staunte er über die Länge des Dorfes, das kein Ende
nahm."
"So ging er wieder vorwärts, aber es war ein langer Weg. Die Straße
nämlich, die Hauptstraße des Dorfes, führte nicht zum Schloßberg, sie führte
nur nahe heran, dann aber, wie absichtlich, bog sie ab, und wenn sie sich auch
vom Schloß nicht entfernte, so kam sie ihm doch auch nicht näher. Immer
erwartete K., daß nun endlich die Straße zum Schluß einlenken müsse und nur,
weil er es erwartete, ging er weiter; offenbar infolge seiner Müdigkeit zögerte
er, die Straße zu verlassen, auch staunte er über die Länge des Dorfes, das
kein Ende nahm, immer wieder die kleinen Häuschen und vereisten Fensterscheiben
und Schnee und Menschenleere – endlich riß er sich los von dieser festhaltenden
Straße, ein schmales Gäßchen nahm ihn auf, noch tieferer Schnee, das
Herausziehen der einsinkenden Füße war eine schwere Arbeit. Schweiß brach ihm
aus, plötzlich stand er still und konnte nicht mehr weiter "
"Wenn K. das Schloß ansah, so war ihm manchmal,
als beobachte er jemanden, der ruhig dasitze und vor sich hinsehe, nicht etwa
in Gedanken verloren und dadurch gegen alles abgeschlossen, sondern frei und
unbekümmert; so als sei er allein und niemand beobachte ihn; und doch mußte er
merken, daß er beobachtet wurde, aber es rührte nicht im geringsten an seine
Ruhe und wirklich – man wußte nicht war es Ursache oder Folge – die Blicke des
Beobachters glitten ab. Dieser Eindruck wurde heute noch verstärkt durch das
frühe Dunkel, je länger er hinsah, desto weniger erkannte er, desto tiefer sank
alles in Dämmerung."
Das
Oberdorf besteht nur aus wenigen, um das Schloss und einen Gutshof gruppierten
Häusern. Vom Unterdorf aus gesehen sieht das Schloss so aus:
"Es war weder eine alte Ritterburg noch ein neuer Prunkbau, sondern
eine ausgedehnte Anlage, die aus wenigen zweistöckigen, aber aus vielen eng
aneinander stehenden niedrigen Bauten bestand; hätte man nicht gewußt, daß es
ein Schloß sei, hätte man es für ein Städtchen halten können. Nur einen Turm
sah K., ob er zu einem Wohngebäude oder einer Kirche gehörte, war nicht zu
erkennen... Die Augen auf das Schloß gerichtet, ging K. weiter, nichts sonst
kümmerte ihn. Aber im Näherkommen enttäuschte ihn das Schloß, es war doch nur
ein recht elendes Städtchen, aus Dorfhäusern zusammengetragen, ausgezeichnet
nur dadurch, daß vielleicht alles aus Stein gebaut war; aber der Anstrich war
längst abgefallen, und der Stein schien abzubröckeln Und er verglich in
Gedanken den Kirchturm der Heimat mit dem Turm dort oben ... Der Turm hier oben
– es war der einzig sichtbare – der Turm eines Wohnhauses, wie es sich jetzt
zeigte, vielleicht des Hauptschlosses, war ein einförmiger Rundbau, zum Teil
gnädig von Efeu verdeckt..."
Das Schloss ist strikt abgegrenzt vom
Dorf, es scheint unerreichbar, und nur die Schlossbeamten haben Zutritt zu ihm.
Die Verbindung zwischen den Dorfbewohnern und den Schlossbeamten erfolgt über
deren Abgesandte und Sekretäre. Beim Schloss handelt es sich demnach nicht um
ein Gebäude, das einem König, Prinzen oder Adligen gehört, sondern um einen
Beamtenapparat. Zwar gehört es, wie auch das Dorf dem Grafen Westwest, aber in diesem
Gebäude wohnt nicht dessen Familie, sondern Beamte, die dort arbeiten und auch leben.
Unter K.s neugierigem Blick entfaltet
die Schloss-Behörde eine fiebertraumhafte Kompliziertheit, die jede Zuversicht,
sie könnte irgend etwas zugunsten des Petitenten regeln, zu einem naiven
Kinderglauben degradiert.
Als K. im Herrenhof eine falsche Tür
öffnet und so statt auf den erwarteten Sekretär Klamms auf einen ihm
unbekannten Verbindungssekretär stößt, beginnt der ihm in einem langen Monolog
die Probleme, die es in der Welt der Beamten und Sekretäre gibt,
auseinanderzusetzen. K. hört ihm erschöpft zu, und dann heißt es: „K. hatte
schon ein kleines Weilchen in einem halben Schlummer verbracht …“, und wenige
Seiten weiter: „K. nickte lächelnd, er glaubte jetzt, alles genau zu verstehen;
nicht deshalb, weil es ihn bekümmerte, sondern weil er nun überzeugt war, in
den nächsten Augenblicken würde er völlig einschlafen … Klappere, Mühle,
klappere, dachte er, du klapperst nur für mich.“ Bei einem geringeren Autor als
Kafka könnte man einen ironischen Selbstkommentar darin sehen, eine
Immunisierungsstrategie, den resignierten Hilfeschrei eines Schreibenden, der
sich so sehr in sein Labyrinth verstrickt hat, dass er nicht mehr weiterweiß,
weder einen Ausweg findet, noch eine Idee hat, wie es zu sprengen wäre, und
deshalb als bis zur Bewegungslosigkeit Gefesselter nur mit seinen
Verstrickungen fortfahren kann, bis selbst die zum Stillstand kommen.
Die
Ereignisse überstürzen sich, als K. zu einem Verhör bestellt wird. Während ein
Sekretär dem entkräfteten K. versichert, dass das Amt seine Bitten nun erfüllen
würde, fordert ihn ein anderer Sekretär auf, Klamms Geliebte freizugeben. Klamms
Geliebte, die vom Besuch bei der verfemten Familie erfahren hat, trennt sich
von K.
Bevor der zu
Tode erschöpfte K. in tiefen Schlaf sinkt, beobachtet er die hektische Betriebsamkeit
der Schlossdiener und erfährt, dass seine Anwesenheit das Amt erheblich
behindern würde. Nach einer rätselhaften Unterhaltung K.s mit der
Herrenhofwirtin über deren Kleidung bricht das Fragment hier ab.
Ein von
Kafka selbst verfasster Schluss existiert nicht, er wurde aber von Max Brod aus
persönlichen Erzählungen des Autors rekonstruiert. So sollte K. am siebenten
Tag an körperlicher und seelischer Erschöpfung sterben, während ihm zu gleicher
Zeit das Schloss aufgrund seiner eifrigen und stets fehlerfreien Bewerbung der
Gnade halber ein Wohnrecht erteilt und K. somit doch einen Teilsieg in seinem
Bestreben errungen hätte.
Gegen Ende des unvollendeten Romans
ist aus dem tatsächlich oder vermeintlich oder vorgeblich berufenen,
hochmütigen Landvermesser der Allergeringste geworden, ein versteckt lebender
Knecht der Gasthof-Mägde.